In der Sache gibt es Neuigkeiten aus der Rechtssprechung. Das OLG Dresden entschied, dass Gewerbemieter:innen auch ohne Existenzgefährdung einen Anspruch auf 50 % Mietminderung haben. Ausführlichere Informationen finden Sie in unserem Originalartikel vom 16. Februar 2021.
Die Diskussion um den Anspruch auf Mietminderung bei Gewerberäumen in Zeiten von Corona geht in die zweite Runde. Nachdem es lange Zeit so schien, als würden die Gerichte das Verwendungsrisiko ihrer Gewerberäume auch in Pandemiezeiten alleine den Mietern aufbürden, erscheint mit dem Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Dresden vom 24.2.2021 1 ein Lichtstreif am Himmel. Die Richter stellten in ihrem Urteil fest, dass eine Mieterin, die wegen Corona-Maßnahmen ihr Geschäft nicht mehr öffnen durfte, für die Zeit der Schließungen nur die halbe Miete zu zahlen habe. Das OLG Dresden berief sich in seiner Urteilsbegründung neben der Störung der sog. großen Geschäftsgrundlage insbesondere auch auf den Ende 2020 neu eingeführten Art. 240 § 7 EGBGB, der coronabedingte Vertragsanpassungen für Gewerbemieter erleichtern sollte. Die Gesetzesneuerung war zunächst in die Kritik geraten, da auch nach ihrer Neueinführung die Gerichte weiterhin stets im Einzelfall zu prüfen haben, ob es für den jeweiligen Mieter unzumutbar ist, am unveränderten Vertrag festzuhalten. Erstinstanzliche Gerichte hatten dies überwiegend nur in den Fällen bejaht, in denen der Mieter durch die pandemiebedingten Schließungsanordnungen in eine existenzbedrohliche Lage geraten ist und damit kurz vor der Pleite stand. Dieser restriktiven Rechtsprechung haben die Richter des OLG Dresden nun eine Abfuhr erteilt und klargestellt, dass die Intention des Gesetzgebers bei der Gesetzesneuerung stärker zu berücksichtigen sei und auch unabhängig von einer tatsächlichen Existenzgefährdung das Mietrisiko in Pandemie-Zeiten hälftig auf beide Vertragsparteien zu verteilen sei.
Zu beachten ist, dass genau am selben Tag das OLG Karlsruhe 2 in einem ähnlich gelagerten Fall noch im Sinne der alten Rechtsprechung entschieden hat und der verklagten Mieterin einen Minderungsanspruch verwehrte. Laut dem Urteil der Karlsruher Richter habe die Mieterin nicht ausreichend geltend gemacht, durch die Schließungsanordnungen in ihrer Existenz bedroht worden zu sein.
In beiden Fällen haben die unterlegenden Parteien Revision angekündigt. Damit ist nun der Bundesgerichtshof gefragt, eine Grundsatzentscheidung zu treffen und die bislang uneinheitliche Rechtsprechung in geordnete Bahnen zu bringen. Es bleibt insoweit abzuwarten, ob der BGH der neu eingeschlagenen Linie des OLG Dresden folgen oder an der alten, restriktiven Rechtsprechung festhalten wird.